„On the Job“ – Heinz Horrmann im Interview

Deutschlands Top-Kritiker über die Personallage im Gastgewerbe

Rund 1,7 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten in der Gastronomie und noch einmal 500.000 in der Hotellerie. Sie erwirtschaften jährlich rund 100 Milliarden Euro Umsatz. Diese Werte (Quelle: Bundesamt für Statistik) markieren einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor. Doch die Gastronomie- und Hotellerie-Jobs sind hart, die Fluktuation mancherorts hoch. Über die Personalsituation im „Gast- und Beherbergungsgewerbe“, wie es so schön im Amtsdeutsch heißt, sprachen wir mit Heinz Horrmann, einem der international renommiertesten Kritiker, vor allem aber intimsten Kenner der Szene, Autor zahlreicher Bestseller – und dem einzigen Journalisten, der für seine Verdienste um diesen Wirtschaftsbereich das Bundesverdienstkreuz am Bande erhalten hat.

 


Herr Horrmann, muss man ein besonderer Typ Mensch sein, um in der „Gastro- bzw. Hotelszene“ zu arbeiten? Was macht den optimalen Angestellten in Kneipe, Restaurant, Bar oder Hotel aus?

Heinz Horrmann: Entscheidend ist die innere Bereitschaft, in diesem Beruf aufzugehen, die Leidenschaft, Kunst zu zelebrieren – nicht unterwürfig, weil man „nur“ ein Angestellter ist, sondern auf Augenhöhe mit allen anderen Beteiligten, auch mit dem Gast. Das gilt natürlich in erster Linie für Restaurants beziehungsweise Etablissements der gehobenen Kategorie. Aber auch in der Kneipe an der Ecke muss schon etwas davon zu spüren sein.

Warum ist trotz der hohen Anforderungen an Flexibilität und Bereitschaft zur Mehrarbeit – und das oft zu „unchristlichen“ Zeiten – die Entlohnung nicht immer optimal, um es diplomatisch auszudrücken?

Darüber rege ich mich seit Urzeiten ebenfalls auf. Dass ein Kellner mit 1100 oder 1200 Euro netto nach Hause geht, ist einfach indiskutabel, und er muss auf gutes Trinkgeld hoffen, wenn er einigermaßen leben will. Das ist übrigens international im Bereich der ‚Hospitality‘ auch so, es wird überall so mies bezahlt; es ist halt gewachsen, und wir werden es so schnell nicht ändern können. Leider.

Gibt es eigentlich – vom Hotelfachpersonal einmal abgesehen – einen anerkannten Ausbildungsweg für den Bereich Service?

Ja, natürlich, die Kellner-Lehre. Sie dauert drei Jahre und ist eine super Basis für den Beruf. Dass sie sich lohnt, sieht man am Lebenslauf von Horst Schulze: Er hat als einfacher Hotelangestellter in Bad Neuenahr angefangen und hat dann im Laufe seiner Karriere eine ganz neue Philosophie entwickelt: die des Ritz Carlton. Später ist er auf die weltbeste Ausbildungsstätte gegangen, die Cornell University in Ithaca im US-Staat New York. Als Gründer und Chef (bis zu seinem Ausscheiden im Jahre 2000) der Ritz Carlton Hotels hat er einige der besten Hotels der Welt betrieben und wurde noch in diesem Jahr (2015) zum „Welt-Hotelier“ gewählt.

Vielerorts ist das Hotel- und Gaststättengewerbe ein Saisongeschäft. Muss man als Gast deshalb mit teilweise offensichtlich ungelernten, oft auch phlegmatischen Servicekräften leben?

Natürlich nicht. Auch wer in der Hochsaison in einem beliebten Restaurant oder Café Gast ist, hat auf prompte und freundliche Bedienung Anspruch.

Wie können die Arbeitgeber solchen Problemen begegnen?

Selbstverständlich können Gastronomie-Arbeitgeber, die in touristischen Hochburgen ihr Geschäft betreiben, nicht das ganze Jahr eine umfangreiche Truppe von geschultem Personal vorhalten, dann wären sie rasch pleite. Aber sie können die Aushilfskräfte, die sich als besonders gut erwiesen haben, zum Wiederkommen bewegen. Dann haben sie auch temporär eine prima Mannschaft.

Doch es gibt natürlich auch eine grundsätzliche Alternative, zumindest für die Hotelbranche: Wenn es irgend geht, sollten sie ein Angebot für die normalerweise schwache Zeit erarbeiten, im Bereich Wellness oder Fitness beispielsweise. Dann haben sie das ganze Jahr über zu tun, verdienen mehr und können sich entsprechendes Ganzjahrespersonal leisten.

Was sagt Ihre Erfahrung: Ist Deutschland die berühmt-berüchtigte Service-Wüste, wie gern behauptet wird, gerade im internationalen Vergleich?

Das war einmal so, und optimal ist die Situation noch immer nicht. Aber wie in so vielen Dingen unterliegt auch der Service gewissen Wellenbewegungen: Mal ist er top, mal flop. Wer in dieser Zeit wissen will, wie man Service wirklich schreibt, sollte nach Asien gehen. Darin ist man dort einfach unangefochten Spitze. Glücklicherweise schwappt diese Entwicklung inzwischen schon wieder zurück nach Europa. Die Schweiz würde ich da nennen, aber auch in den anderen europäischen Ländern wird der Begriff wieder großgeschrieben. Als echte Servicewüste würde ich derzeit die USA bezeichnen, das zeigen meine internationale Erfahrungen, und ich kann durch meine zahlreichen Reisen wirklich gut vergleichen.

Sie sind gern gesehener Gast – und Juror – in TV-Kochshows, zum Beispiel bei „Grill den Henssler“. Dadurch werden immer mehr Köche zu echten Stars, und das nicht nur für intime Kenner der Haute Cuisine. Hilft das der Branche, ihr nicht immer perfektes Image aufzupolieren?

Zunächst habe ich festgestellt, dass solche Sendungen das allgemeine Interesse an gutem Essen – was also nicht nur den Magen füllt, sondern auch Genuss ist – und seiner Zubereitung weckt. Weniger positiv finde ich die Selbstdarstellung von so genannten Spitzenköchen, die gar nicht kochen können. In einer dieser Shows habe ich mal Bratkartoffeln kredenzt bekommen, die schwammen förmlich im Fett; da hat meine Großmutter schon besser gekocht. Dafür haben einige dieser Köche vielleicht eher Entertainer-Qualitäten. Na gut, dann ist das eben Unterhaltung. Allerdings gibt es auch eine Reihe positiver Beispiele: Steffen Henssler beispielsweise ist für mich einer von Deutschlands besten Fisch-Köchen. Und diese Leute können den TV-Zuschauern schon wertvolle Tipps geben und die Lust am Kochen vermitteln.

Kulinarische Innovationen kennen wir inzwischen auch in Deutschland. Testen Sie – für sich persönlich – auch solche Newcomer bzw. neue Gastronomie- und Food-Trends oder sind Sie eher Traditionalist?

Die Küche heute befindet sich doch in ständigem Wechsel, besser gesagt: in steter Entwicklung. Was hatten wir nicht alles? Die Küche wie aus dem Chemiebaukasten zum Beispiel: Da hat man auf ein Gummibärchen gebissen und dachte plötzlich, man habe einen Hering gegessen. Nein, das ist nicht meine Welt.

Ich nehme mir gern Auguste Escoffier als Beispiel: Dieser französische Meisterkoch (1846 – 1935) hat Spezialitäten aus aller Herren Länder verarbeitet und maßgeblich zum guten Ruf der französischen Haute Cuisine beigetragen. Mit seinem Buch „Guide Culinaire“ erlangte er zu Recht Weltruhm. Mit anderen Worten: Ich bin ein Fan der großen klassischen Küche. Aber wenn ich etwas Neues bekomme, bewerte ich es immer absolut neutral, das kann ich jedem Gourmet versprechen.

 

 

Hatten Sie jemals Lust, die Seiten zu wechseln – vom Tisch in die Küche oder hinter den Tresen?

Ach, wissen Sie: Ich hatte das große Glück, mit einigen der absoluten Spitzenköche gemeinsam am Herd stehen zu dürfen; Dieter Müller gehört dazu, Paul Bocuse und Haeberlin. Das waren wirklich große Momente in meinem Leben, ich habe die Passion und die Leidenschaft dieser Menschen gespürt – und viel von ihnen gelernt. Ich habe sogar den General-Manager-Lehrgang im Ritz Carlton absolviert, aus Neugier und beruflichem Interesse. Aber wirklich vorgehabt, die Seiten zu wechseln, habe ich nie.

Wie und wo würden Sie als ‚Maître d’hôtel‘ oder Restaurantleiter Ihr Personal für Küche und Service rekrutieren?

In den Hotelfachschulen. Ganz klar. Da bekommt man die beste Basis. Mein Sohn hat beispielsweise zuerst den Küchenmeister gemacht und dann die Hotelfachschule absolviert. Das hat ihm persönlich gut getan und ihm zahlreiche berufliche Chancen eröffnet. Aber auch neue Lösungen für den Personalmarkt wie ihre Job-Community shjft können Top-Ergebnisse bringen. Heute geht doch fast alles über Internet und Apps. Man muss die jungen Talente eben da entdecken, wo sie aktiv sind.

…und was raten Sie  jungen Menschen, die in die Gastronomie und/oder Hotellerie gehen wollen?

Jeder, der ins Gastgewerbe möchte, sollte sich selbst sorgfältig prüfen. Die Jobs sind sehr zeitintensiv, anstrengend, teilweise familienfeindlich – wenn der/die Partner/in nicht selbst in der Branche arbeitet. Und sie sind (noch) oft miserabel bezahlt. Man sollte also auf jeden Fall die notwendige Portion Leidenschaft mitbringen, der Beruf muss die Berufung sein, sonst funktioniert das nicht.

Wenn Sie mich in Ihr derzeit favorisiertes Restaurant führen würden, wo fände ich mich wieder?

Im „le petit Felix“. Das Clubrestaurant hinter dem Adlon in Berlin ist absolute Weltklasse!

Weitere Infos:

Heinz Horrmann – Website

Heinz Horrmann auf Facebook

 

„Dienstleister im Spotlight“ – Ann-Christin Zilling

„Der Job, für den ich sterbe“

Wie macht man eigentlich aus einem normalen Allerwelts-Unternehmen in irgendeinem Kaff, das die zehnte Holunderlimonade und das fünfte Mädchenbier herstellt oder ein solides Wiener Schnitzel hinkriegt, eine Company, die heiß ist? Haben Sie schon einmal den Satz gehört „Für einen Job bei Euch würde ich sterben!“? Nicht?

Über Ressourcen

Schade eigentlich. Und woran liegt das? Meines Erachtens liegt das daran, dass viele Unternehmen in ihrer Branche, viel zu viel Zeit und Geld in die Entwicklung des perfekten Produkts stecken und am Ende bleiben keine Zeit und kein Geld übrig, um das Produkt oder die Dienstleistung zu vermarkten. Genauso verhält es sich auch mit dem Thema Mitarbeitergewinnung: Alles wird ins Recruiting gesteckt, aber sind der gesuchte Fachmann und die spezialisierte Expertin an Bord, werden sie behandelt wie ein Stuhl und ein Tisch.

Über Differenzierung

Jetzt fragen Sie sich: Was hat denn die Produktentwicklung mit dem Mitarbeiter-Recruiting zu tun? Sehr viel, denn hier kommt eine Disziplin ins Spiel, die wenige wirklich beherrschen: Kommunikation. Vergessen Sie den USP, den gibt es in Zeiten des fünfzehnten Energydrinks nicht mehr. Setzen Sie auf den UCP = Unique Communications Proposition! Differenzieren Sie sich und Ihr Unternehmen über Kommunikation, und zwar über externe Kommunikation, damit Ihr Unternehmen als heiße Company, als coole Arbeitgebermarke, wahrgenommen wird, und über interne Kommunikation, damit die für viel Geld akquirierten Mitarbeiter auch gerne, lang und motiviert bei Ihnen bleiben.

Wie heiß sind Sie?

Und wie differenziert man sich über Kommunikation? Indem man eben nicht daran festhält, alles selbst machen zu wollen. Das alte Problem ist: Jeder kann schreiben, aber keiner will’s lesen. Suchen Sie sich lieber einen Profi, der erstens von außen auf Ihr Unternehmen blickt und mit Ihnen gemeinsam eine treffsichere Kommunikation erarbeitet, und der zweitens fachlich fit und kreativ in der Lage ist, diese Strategie so umzusetzen, dass Bewerber, Gäste, Kunden oder Business-Kontakte dafür sterben wollen, zu Ihnen zu kommen. Sie können so gut sein, wie Sie wollen. Heiß als (Arbeitgeber-)Marke werden Sie erst durch Kommunikation.

Gastautorin: Ann-Christin Zilling

Weitere Infos:

Unternehmens:kommunikation Ann-Christin Zilling – Website

„On the Job“ – Servicekraft im Interview

„Mein Tag hat 48 Stunden“

Studierende Kellnerin oder kellnernde Studentin? Anne Pretzsch über den Teilzeitjob als Servicekraft im Hamburger Szenelokal ‚Elbe 76‘ , Trinkgelder, Handynummern, den Unterschied zwischen einem netten Kompliment und plumper Anmache – und ihre ganz persönlichen Ziele.

Das ‚Elbe 76‘ ist brechend voll. Restaurant, Barbereich, Terrasse – der Laden rockt. Freitag ist ohnehin immer viel los. Eimsbüttler und Eppendorfer Szenepublikum, Besserverdienende, Manager-Typen, Hipster, Kreative, aber auch junge Familien – das Publikum ist bunt gemischt. Heute Abend spielt der HSV. Viele Väter und ihre Söhne tragen die Raute auf der Brust. Das Spiel läuft auf drei Bildschirmen, zwei drinnen, einer draußen – ganz hinten, am Ende der überdachten Terrasse. Die Gäste geben einen unerbittlichen Takt vor, die Wege für das Service-Personal sind weit und voller Hindernisse. Und mitten drin wirbelt und bedient Anne Pretzsch, 21, Studentin. Ihren Bachelor in Literaturwissenschaften hat sie längst in der Tasche. Nun macht sie ihren ‚Master Performance Studies‘. Sie kellnert seit sie 16 ist. Und seit 2012 hier im ‚Elbe‘.

Der Stressfaktor ist hoch, doch die gebürtige Leipzigerin hat alles im Griff. Bleibt bei aller Anspannung und all der Hektik freundlich, aufmerksam – und charmant. Dieser Charme! Dieses Lächeln! Echt süß. Um mich herum Gegröle, eine Bestellung nach der anderen. Aber Anne gibt mir das Gefühl, dass sie an unseren kleinen Tisch ganz besonders gern kommt und nachfragt, ob’s noch was sein darf. Ich nehme das persönlich. Weil ich das so will. Macht sie gut. Richtig gut. Weil sie das so will. Mein Trinkgeld fällt entsprechend aus. Es zahlt ein auf den guten Service – und ihre Ausstrahlung. So sind wir Männer. Das weiß auch Anne. Im Interview liefert sie einen Perspektivwechsel.

Anne, Du hast schon als 16-Jährige in Leipzig gekellnert. Seit fünf Jahren bist Du nun also im Gastronomie-Service. Das ‚Elbe’ ist Dein erstes gehobenes Szene-Lokal, in dem Du jobbst, um Dein Studium zu finanzieren. War das eine Umstellung?

Ja, eine große sogar. Weil man im ‚Elbe’ auf viele Kriterien achten muss. Hier geht es um gutes Essen, eine gute Bar, einen gewissen Szene-Charakter und die dazu passende Klientel. Die meisten Gäste haben schon so ihre Ansprüche an uns und Ahnung von guten Speisen, guten Drinks und gehobenem Service – und wir wollen auch, dass sie Ahnung haben. Für mich bedeutete das zunächst, mir entsprechende Kenntnisse anzueignen und mich mit unserem Angebot, mit unserer Karte, einfach mit dem ganzen Konzept auseinanderzusetzen.

Muss man sich mit dem Lokal, in dem man bedient, identifizieren?

Ich kann nur für mich antworten: Ja, ganz klar. Ich muss auch mit unseren Produkten auseinandersetzen und was darüber erzählen können, finde ich. Sonst wäre ich hier falsch. Nur zu wissen, ob ein Wein rot oder weiß ist, wäre zu wenig. Die Klientel einer Bar oder eines Restaurants ist nicht zu unterschätzen. Zu uns kommen viele Gäste, die es beruflich gewohnt sind, dass Dinge funktionieren. Sie sind anspruchsvoll. Das zu ignorieren, wäre falsch. Und von daher bevorzuge ich es gegebenenfalls auch, nicht lange nach Ausreden zu suchen, wenn mal was zu lange dauert oder nicht so klappt. Offenheit ist immer die beste Lösung, 100mal besser als nach Vorwänden zu suchen. Diskussionen wären im ‚Elbe’ unangebracht. Wir sind nicht auf der Schanze.

 

Der Gast denkt doch so: Die Bedienung hat sich einen Job im Service ausgesucht, da hat sie zu performen und freundlich zu sein, egal was ist und wie’s ihr gerade geht. Aber ist das so einfach? Schaffst Du das immer, quasi auf Knopfdruck?

Zugegeben: Es kommt schon auch auf die Tagesform an, wie einfach oder gut mir das gelingt. Und natürlich auf die Gäste. Wenn die mal weniger charmant sind, genervt oder unfreundlich, reagiere ich zwar nicht in gleicher Form, bin dann aber schon mal kürzer angebunden.

Also braucht man als Servicekraft in der Gastronomie eine Extra-Portion Selbstkontrolle?

Ich bin darauf bedacht, meine evtl. mal weniger gute Stimmung nicht nach außen zu tragen. Ich bin auch nur ein Mensch, der mal schlecht drauf ist oder mal einen Gast nicht so nett findet. Dazu stehe ich. Aber ich darf das natürlich nicht so ausleben. Das hat auch was mit meinem Selbstanspruch zu tun.

Was nervt Dich denn zum Beispiel?

Wenn jemand sieht, dass ich eh schon den ganzen Abend renne und mich dann noch zusätzlich scheucht, mag ich das nicht. Letztlich ist doch alles eine Frage des gegenseitigen Respekts. Zum Glück habe ich deutlich mehr gute Erfahrungen gemacht im ‚Elbe’. Wir haben viele tolle Gäste: Verständnisvoll, generös, nett – richtig coole Leute.

Du hast – mit Verlaub – jede Menge Ausstrahlung, siehst gut aus, bist eine auffällige Erscheinung. Glaubst Du, dass Männer allein schon deswegen mehr Trinkgeld geben als, sagen wir, einer eher unauffälligen Bedienung? Lassen wir uns unterbewusst auch optisch verleiten, generöser zu sein oder weil wir glauben, Du würdest flirten?

Ich glaube, das geschieht nicht mal unterbewusst. Das ist schon eine bewusste Reaktion auf Kellnerinnen. Das geht meinen Kolleginnen – wir sind im ‚Elbe’ nur Mädchen im Service, während hinter der Bar nur Jungs arbeiten, allesamt adrett und charmant – sicher genauso.

Setzt Du Deinen Charme bewusst ein? Auch für ein besseres Trinkgeld?

Was den Charme angeht: Ja, aber das mache ich auch bei Frauen – und nicht nur beim kellnern. Das ist vielmehr eine Frage, wie ich anderen Menschen begegnen will. Und zur Frage nach dem Trinkgeld: Wir kriegen einen guten Stundenlohn. Ich muss mich nicht anbiedern oder Reize einsetzen, um mehr ‚Tip’ zu bekommen. Das Trinkgeld ist ohnehin auch davon abhängig, wie eingespielt das Team oder wie viel los ist – und geht bei uns sowieso in einen Topf, der dann aufgeteilt wird.

Habt Ihr so was wie einen Dress-Code? Wie dürft oder sollt Ihr gekleidet sein?

Freizügigkeit jedenfalls ist nicht angesagt. Das muss schon alles im Rahmen bleiben. Aber Regeln brauchen wir nicht. Dunkle Kleidung, festes Schuhwerk – man entwickelt schnell ein Gefühl für seine ‚Arbeitskleidung’. Und ganz ehrlich: Wer einmal in einer zu knappen oder engen Hose gekellnert hat, macht’s nie wieder.

Wirst Du von männlichen Gästen oft nach Deiner Telefonnummer gefragt?

Kommt schon vor, ja. Ich frage mich meistens nur, was derjenige in dieser Situation eigentlich erwartet. Was glauben die, was daraus werden soll? Viele haben einen Ehering am Finger. Aber wenn sie es brauchen – und wenn ihr Verhalten im Rahmen bleibt, halte ich das aus. Ich bin liiert und belasse so was auf der Job-Ebene und kann das trennen. Als Kellnerin kann man Anmachen eh nicht vermeiden. Es ist ja oft genug auch Alkohol im Spiel. Oder die Jungs sind in einer Gruppe unterwegs und wollen sich produzieren. Hey, ich gehe selbst auch in Bars und weiß, wie das läuft. Wenn’s doch mal zu plump wird, sage ich’s den Kollegen an der Bar.

Kannst Du plumpe Anmache und ein nettes Kompliment ohne Hintergedanken denn noch voneinander unterscheiden?

In der Regel schon. Wenn ich für meine Arbeit gelobt werde oder dafür mal ein wirklich nett vorgetragenes Kompliment bekomme, freue ich mich darüber. Das finde ich ganz cool. Nur gibt es keine Legitimation, irgendwie anzüglich zu werden. Ich möchte mich ungern nach meinem Aussehen oder meinem Outfit bewerten oder gar darauf reduzieren lassen. Es wird mir und dem, was ich bin, nicht gerecht, wenn einer nur sagt: „Ey, Du hast ein sexy Oberteil an“. Dem müsste ich dann sagen, dass ich auch schon mal ein Buch gelesen (und geschrieben; Anm. d. Red.) habe. Das gilt aber nicht nur im Lokal, sondern auch für die Uni oder im Supermarkt.

Deine Vita liest wie eine Collage aus mehreren erfolgreichen Karriere-Starts. Literatur, Theaterwissenschaft, Tanzen und Ballett, Sprachen, soziales Engagement, Buchautorin … – mit 21. Du bist verdammt umtriebig und offenkundig sehr ambitioniert. Nicht wenige Bedienungen aber, die sich ursprünglich neben dem Studium nur was dazu verdienen wollen, studieren irgendwann nur noch nebenbei, verwerfen ihre Ziele und bleiben viel länger in der Gastronomie, als geplant. Manchmal sogar für immer. Könnte Dir das auch passieren?

Ich sehe schon eine gewisse Verlockung, wenn die Einkünfte entsprechend gut sind. Dann wird schon mal ausgeblendet, wie anstrengend dieser Job ist, vor allem über mehrere Jahre gesehen. Aber mich würde das nicht erfüllen, mein Weg ist das nicht – ich habe klare Vorstellungen und Pläne, meine Welt ist das Theater, die Literatur. Ich studiere ja nicht einfach so vor mich hin, sondern habe Ziele. Ich mache tatsächlich etliches nebenher, engagiere mich vielfältig. Meine Woche hat zehn Tage, mein Tag 48 Stunden. Ich bin in der Gastronomie, um Geld zu verdienen und nicht, weil das meine Berufung ist. Aber: Wer das langfristig machen möchte, wer auch dazu steht und damit glücklich ist, der soll’s machen. Ich verstehe das total.

Das shift Blog-Team bedankt sich bei Anne und dem ‚Elbe 76‘ für Interview  & Fotos!

Weiter Infos:

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„Arbeitgeber im Spotlight“ – Ratsherrn Brauerei

Impulsgeber für eine neue Bier-Bewegung

Die shjft Job-Community ist das neue Portal für innovative Personal- und Job-Vermittlung. Wir begegnen dem Personalbedarf in den Branchen Gastronomie, Hotellerie, Promotion und Events. Gleichzeitig ist shjft aber eben auch eine Community – das neue Soziale Netzwerk für eine ganz besondere Arbeitswelt. Umso mehr freuen wir uns, neben Bars, Restaurants, Hotels und Promotion-Agenturen auch Arbeitgeber aus der Getränkeindustrie auf shjft zu begrüßen! Heute im Spotlight: die Hamburger Ratsherrn Brauerei.

Aus der traditionellen hanseatischen Biermarke Ratsherrn haben die Verantwortlichen seit Neugründung im Jahr 2010 einen echten Impulsgeber für eine neue Bier-Bewegung gemacht. Unter Führung der Branchengrößen Oliver Nordmann und Frank Steffens entstand in den Alten Viehhallen der Hamburger Schanzen-Höfe auf einer Gesamtfläche von 4.500 qm ein Innovationspool für Bier- und Food-Trends.

Traditionelles Brauhandwerk für neue Bierstile

Seit März 2012 wird hier das Ratsherrn Craft Beer erzeugt und abgefüllt. Alle Ratsherrn Biersorten werden dabei ganz nach dem Vorbild der Craft-Beer-Bewegung gebraut, die Mitte der 1980er-Jahre in den USA ihren Anfang nahm. Hierbei besinnen sich die Braumeister auf die Ursprünge des Brauhandwerks. Traditionelle Rezepturen werden mit außergewöhnlichen Geschmacksideen kombiniert und bringen so einmalige Biersorten hervor.

Vom Hamburger Weissbier bis zum „Matrosenschluck“

Die Ratsherrn Braumeister kreieren so neben dem Pilsener auch das Zwickel, Pale Ale, Rotbier, Weissbier und saisonale Sorten wie das Iggy Hop, Springbock, Summer Ale oder aktuell den „Matrosenschluck“. Die Brauphilosophie: Es werden nur beste, möglichst regionale Zutaten verwendet – und es darf ruhig geschmackliche Überraschungen geben!

Die Idee dahinter ist einfach: Konsumenten sollen wieder für handwerkliche Bierstile begeistert werden. Gerade in der 2014 eröffneten hauseigenen Micro Brewery kann es dabei nicht kreativ genug zugehen. Und im angeschlossenen Craft Beer Store können auch kleine Abfüllungen an den Bierliebhaber gebracht werden – entweder über den Online-Shop unter www.craftbeerstore.de oder im Ladenlokal in den Hamburger Schanzenhöfen.

Auf shjft wird die Ratsherrn Brauerei Stellenausschreibungen für Events wie die jährlichen Hamburger Craft Beer Days schalten, Kontakte hegen und pflegen und ihren Beitrag zu einer lebendigen Job- und Branchen-Community leisten.

Wir sagen Moin Moin, herzlich willkommen und schön, dass Ihr dabei seid!

Weitere Infos:

Website Ratsherrn Brauerei

Online-Shops: Ratsherrn Shop | Craft Beer Store